Integration ist Verständnis füreinander

Fortbildung zur „Integration durch Rugby“ am 13. Dezember im LLZ Heidelberg

Der Rugby-Verband Baden-Württemberg (RBW) hatte die Führungskräfte seiner Mitgliedsvereine und die Übungsleiter und Trainer des Verbandes und der Vereine zu einer dreistündigen Fortbildung zum Thema „Integration durch Rugby“ eingeladen, die am 13. Dezember 2025 im Schulungsraum des Landesleistungszentrums in Heidelberg stattfand. Natürlich war das Meldeergebnis von 13 Interessierten nicht den Hoffnungen der Verbandsführung entsprechend, aber der Lehrgang konnte mit elf Teilnehmenden durchgeführt werden und war ein voller Erfolg. Das hörte man aus den Rückmeldungen der Teilnehmenden ebenso wie aus dem Fazit der beiden Referenten des Landessportverbandes Baden-Württemberg (LSV), der das Programm „Integration durch Rugby“ seit 2021 wirkungsvoll unterstützt und sich auch diesmal wieder zu einem finanziellen Beitrag entschlossen hat. Vielen herzlichen Dank dafür!

Zunächst gab Sergej Gergert vom LSV eine detaillierte Einführung in das von der Bundesregierung geförderte Programm „Integration durch Sport“, das zum Ziel hat, die Integration geflüchteter Menschen und aus dem Ausland nach Deutschland gekommener Sportlerinnen und Sportler in unsere Vereine zu unterstützen. Der Rugbysport bietet sich dafür schon deshalb besonders an, weil es eine weltweit bekannte Selbstverständlichkeit ist, dass die Türen von Klubhäusern für Mitglieder und Nichtmitglieder, für Bekannte und (noch) Unbekannte offenstehen. Rugby ist also ein geradezu ideales Mittel zur Integration von Sportlerinnen und Sportler aus aller Welt.

Im Rahmen der Fortbildung, die den Übungsleitenden von RBW-Lehrwart Jan Ceselka mit vier Lerneinheiten auf deren Lizenzerwerb oder -verlängerung angerechnet wurde, kam natürlich auch zur Sprache, dass in Ländern wie Äthiopien, Syrien, Afghanistan oder Libyen das Rugbyspiel kaum bekannt ist und die von dort vor Bürgerkriegen, Not und Tod Geflüchteten wohl eher Anschluss an Fußball-, Ringkampf- oder Boxvereine suchen. Doch kennt man das Spiel mit dem ovalen Ball mittlerweile in gut 180 Ländern, deren Bürgerinnen und Bürger es aus den unterschiedlichsten Gründen oft nach Deutschland verschlägt. Viele von ihnen können in unseren Vereinen mitwirken – sei es als aktiver Spieler, sei es als Trainerin, sei es als Kassenwart oder Betreuer, sei es als Jugendleiterin oder Vorsitzende.

Sergej Gergert erklärte, dass Sportvereine ihre Anträge auf finanzielle Unterstützung für Integrationsaktionen direkt bei den Beauftragten der Sportbünde (BSB Nord, BSB Freiburg und WLSB) stellen mögen, denen sie als Mitglieder angehören. Wer dabei Rat und Tat benötigt, kann sich natürlich gerne an den RBW-Vorsitzenden Claus-Peter Bach wenden, der auch über seine Amtszeit hinaus bereit ist, Türen zu öffnen und Hilfe zu leisten. Die Integrationsaktionen des RBW werden auch künftig durch den LSV betreut und dort angemeldet und abgerechnet. Jedem Verein ist dringend zu raten, sich stark im Programm „Integration durch Rugby“ zu engagieren, um neue Mitglieder zu gewinnen und dem Rugbysport in Deutschland zu größerer gesellschaftlicher Relevanz zu verhelfen.

Im zweiten Teil der Fortbildung stellte der Rechts- und Gesundheitspsychologe Aaron B. Czycholl aus Freudenstadt zunächst die Frage, was die Teilnehmenden unter dem Begriff „Integration“ im Hinblick auf ihre Aufgabe in den Vereinen und im Verband verstehen. Sehr schnell wurde klar, dass es bei der Integration (Aufnahme, Eingliederung) von Migranten in unsere Sportgruppen um ein gegenseitiges aufeinander Zugehen handelt, das in mehreren Phasen erfolgt und – wenn es erfolgreich gestaltet werden soll – viel Geduld und eine positive Stimmung und Motivation von beiden Seiten erfordert. Aaron B. Czycholl erläuterte, dass Migranten unmittelbar nach der Aufnahme in eine Sportgruppe, Mannschaft oder Vereinsgemeinschaft ein gutes Gefühl haben und volle Motivation empfinden, die aber nachlassen können, wenn der Prozess der Integration weiter fortschreitet und eventuell auch erste Missverständnisse, Schwierigkeiten und Rückschläge beim Erlernen der Sportart oder dem Eingewöhnen in die neue, für sie noch fremde Gemeinschaft auftauchen könnten.

Man müsse sich immer wieder vor Augen führen, dass die Migranten in einer ganz neuen Heimat zurechtkommen müssen, dass sie ihre alte Heimat, Freunde und vielleicht auch Angehörige verloren haben, dass sie eine neue Sprache erlernen müssen, dass sie fremde Bräuche tagtäglich erfahren, dass sie einen neuen Sport gemeinsam mit einem ganz neuen Umfeld erlernen wollen und anfangs – naturgemäß – nicht alles wissen und beherrschen können. Oftmaliges Erklären, viele Einzel- und Beratungsgespräche, Unterstützung bei der Wohnungs-, Ausbildungs- oder Arbeitsfindung, die Aufnahme in kameradschaftliche Strukturen und schließlich auch das glasklare Erklären von Regeln und Erwartungen seien Grundlage einer oft langwierigen, im Ergebnis aber gelungenen Integration.

Dabei kommt Übungsleitenden, Trainerinnen und Trainern die nicht immer einfache Aufgabe zu, den Migranten respektvoll. fördernd, fordernd, helfend und freundlich zu begegnen. Ehrlichkeit im Umgang ist von elementarer Bedeutung für das Erreichen der Ziele: Gemeinsame Zukunft und gemeinsamer Erfolg.

Gegen Ende einer kurzweiligen Diskussionsrunde gab Aaron B. Czycholl Tipps für die aktuell im RBW-Jugendausschuss erörterte Frage, wie die Vereine und der Verband reagieren sollen, wenn weiterhin festzustellen sei, dass bei den Turnieren zuschauende Eltern, Großeltern und für die Betreuung zuständige Trainer auf die spielenden Kinder verbalen Druck ausüben oder sogar die bei den Kinderturnieren eingesetzten blutjungen Schiedsrichter lautstark „anmachen“. Czychons Rat: Erst ernste Ermahnung durch Offizielle des RBW-Jugendauschusses und im Wiederholungsfall Feldverweis für Eltern und Trainer, in ganz schweren Fällen Entzug der Trainerlizenz. Denn: „Alle Spielenden, gleich welchen Alters, wollen beim Rugby Spaß haben und Positives erleben. Stress haben sie anderswo genug!“

2026 wird es eine weitere Veranstaltung zum Thema „Integration durch Rugby“ geben. LSV und RBW haben einen Termin in den Sommermonaten ins Auge gefasst.            

[ Text: CPB ]

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